Adelheid Lingg's Seminare und Vorträge über das Wesen und die heilenden Kräfte der Pflanzen werden hoch geschätzt - auch auf den Gartentagen Lindau begeistert sie seit Jahren eine eingeschworene Fangemeinde. Die staatlich geprüfte Natur- und Landschaftsführerin betreibt eine Gesundheitspraxis, ist erfolgreiche Buch-Autorin und vielen auch als Kräuterexpertin des Bayerischen Fernsehens bekannt. www.die-leda.de |
Die Pflanze
Die Eberesche erreicht bis 16 m Höhe und zählt zu den anspruchslosesten europäischen Hölzern. In fast jedem Boden und bis auf 2400 m über die Baumgrenze hinauf wächst und gedeiht der Baum und hält als Stadt- und Alleebaum auch den Abgasen aus den Blechkarossen stand.
Die zierlichen Blätter sind unpaarig gefiedert und erinnern etwas an Eschenblätter, was ihr den Namen Eber- (aber = nicht echt) -esche (also keine echte Esche) eingetragen hat. Sie zeigt uns, dass Zartheit und Filigranität durchaus gleichzeitig jede Menge Lebenskraft in sich bergen kann. Ihre luftig-lockere, rundliche Baumkrone gewährt den gefiederten Freunden Schutz und Nahrung.
Die Früchte
Im Herbst grüßt uns die Eberesche mit weithin leuchtenden, orange-roten Früchten – den Vogelbeeren. Die korallroten Beeren hängen schwer an den silbrig-dunklen Ästchen und sehen bei genauer Betrachtung wie kleine Minaturäpfelchen aus; der Baum zählt auch zu den Kernobstgewächsen.
Hartnäckig hält sich das Gerücht, diese Beeren seien giftig – nein, sie schenken sogar höchst lebendige Kraft! Roh allerdings sind sie nur in kleinster Menge genießbar, da sich in den Wildfrüchten ein Stoff namens Parasorbinsäure befindet, der zu Übelkeit, Erbrechen und Durchfall führen kann (Ausnahme: die Mährischen Eberesche). Kochen oder trocknen wir die Früchte, so wandelt sich die Parasorbinsäure in gut verträgliche Sorbinsäure. Dieses Sorbit ist ein wertvoller Zuckerersatz für Diabetiker und wirkt der Ketonenkörperbildung (= giftiges Zwischenprodukt des Zuckerstoffwechsels) entgegen.
Das reichlich vorhandene Gesundheits- und Schönheits-Vitamin C fördert die Eisenresorption und hemmt die Tumorbildung; es wird in der Vogelbeere von sogenannten Biophenolen ummantelt. Diese bringen das Vitamin weitgehend unbeschadet durch den Kochvorgang, z.B. zur Marmelade, und erhöhen auch noch dessen Aufnahmefähigkeit.
Bitte brechen Sie die reifen Fruchtdolden vorsichtig ab, um die bereits angelegten Blütenknospen vom nächsten Jahr zu schonen. Die „Winterknospen“ der Eberesche sind meist dunkelviolett gefärbt und weißfilzig behaart – das ist ein sicheres Unterscheidungsmerkmal zum Speierling, dessen grüne, klebrige Knospen allenfalls an den Rinden eine feine Behaarung entwickeln.
Frische Beeren
10 Tage täglich 5–10 Beeren, gründlich gekaut vor einer Mahlzeit, wirken unterstützend auf Leber, Galle und den gesamten Organismus. Sie leiten aus und sind auch bei Verstopfung hilfreich.
Ebereschenlikör – besonders lecker und lebendig.
200 g völlig reife Beeren werden angestoßen und zu 2/3 in eine weithalsige Flasche gefüllt. Mit einem durchlöcherten Korken mit Gärröhrchen (damit möglichst wenig Fremdhefen eindringen können) verschließt man die Flasche und lässt das Ganze bei Zimmertemperatur etwa eine Woche gären. Danach den Inhalt mit einem Safttuch abpressen. Den vergorenen Saft mit 100 ml 98-%igem Alkohol vermischen.
Den Trester in ein Glas geben und mit Korn oder Wodka soweit übergießen, dass der Trester gut bedeckt ist. Zuschrauben und weitere 8 Tage warm stehen lassen. Abfiltern und über den Trester noch mal die gleiche Menge abgekochtes, abgekühltes Wasser geben, wie zuvor Korn oder Wodka. Abfiltern und Ablaufflüssigkeit zugeben. Nun den vergorenen, mit 98-%igem Alkohol versetzten ersten Saft ebenfalls untermischen und in Flaschen füllen. Kühl noch mindestens 8 Wochen lagern.
Tipp: Lieben Sie es süßer, so kann je nach Geschmack Zucker in Wasser aufgekocht, aufgelöst und hinzugefügt werden.
Adelheid Lingg