Leinsamen (Lini Semen) – vielseitig gesund

Publiziert in Aktuelles

Die Leinpflanze ist ein einjähriges Kraut, mit zarten blauen Blüten, das in Garten und Feld angebaut wird und schon in der Steinzeit als Nutzpflanze gezogen wurde. Aus ihren Stängeln wird die Flachsfaser gewonnen, die zum Leinen weiterverarbeitet wird.
Eine Kolumne von Pflanzenkundlerin Adelheid Lingg


Adelheid Lingg2017Adelheid Lingg's Seminare und Vorträge über das Wesen und die heilenden Kräfte der Pflanzen werden hoch geschätzt - auch auf den Gartentagen Lindau begeistert sie seit Jahren eine eingeschworene Fangemeinde. Die staatlich geprüfte Natur- und Landschaftsführerin betreibt eine Gesundheitspraxis, ist erfolgreiche Buch-Autorin und vielen auch als Kräuterexpertin des Bayerischen Fernsehens bekannt. www.die-leda.de

In der Reife nach der Blüte entsteht eine rundliche Kapselfrucht, die 8–10 braune (manchmal auch goldene – „Gold-Lein“), flache, glänzende Samen enthält: den Leinsamen. Im September werden die Samen durch Dreschen geerntet und nachgetrocknet. Nur voll ausgereifte Samen sind medizinisch wirksam und enthalten reichlich Schleim.

Das ebenfalls wertvolle Leinöl kann auch aus weniger ausgereiften Samen gewonnen werden; in kalter Pressung – damit die wertvollen Inhaltstoffe erhalten bleiben: viel fettes Öl, essentielle, ungesättigte Fettsäuren. Leinöl ist sehr wertvoll für die empfindliche, trockene Haut, kann auf Warzen oder Hühneraugen aufgetragen werden und wirkt selbst bei Gürtelrose (Herpes zoster) lindernd.

Der wichtigste Wirkstoff für die Verwendung des Leinsamens in der Medizin aber ist der im Leinsamen enthaltene hohe Schleimgehalt. Das fette Öl unterstützt die Wirkung.

Bei sachgemäßer Anwendung sind von Leinsamen keine Nebenwirkungen bekannt.

Leinsamen für die gute Verdauung

Leinsamen wird sehr vielfältig zum Heilen eingesetzt. Verbreitet ist seine Anwendung als Abführmittel bei chronischer Stuhlträgheit. Man hat erkannt, dass drastische Abführmittel den Darm reizen und schädigen und auch noch zu Mineralstoffmangel führen, besonders zu Kaliummangel. (Der lässt sich durch Anwendung von Löwenzahnwurzel mildern.) Dagegen kann man mit Leinsamen – geschrotet!!! – den Darm auf milde Weise wieder zu einer geregelten Entleerung erziehen. Wenn wir ihn zu uns nehmen, wird durch das hohe Quellvermögen von geschrotetem Leinsamen das Volumen des Darminhalts erhöht und der Darm leicht gedehnt. Dies erzeugt einen Impuls, der die Darmperistaltik (Darmbewegung) aktiviert. Durch das fette Öl im frisch gemahlenen oder geschroteten Leinsamen erhalten wir zudem zusätzlich ein natürliches Gleitmittel. Aber bitte etwas Geduld mitbringen – es kann manchmal 2–3 Tage dauern, bis sich der Erfolg einstellt!

Achtung: Leinsamenmehl und Leinsamenöl werden schnell ranzig (1–2 Wochen). Deshalb sollte der Leinsamen am besten immer kurz vor Anwendung gemahlen oder geschrotet werden, das ist optimal.

Als Abführmittel werden 2 EL voll Leinsamen, gequetscht oder geschrotet, mit Fruchtmus vermischt und morgens und abends eingenommen. Man kann mit Honig oder Agavensirup süßen. Wichtig: Bitte während des Tages unbedingt reichlich gutes Wasser trinken!

Leinsamen-Aufguss (Tee)

1–2 TL ganzen Leinsamen mit 1 Tasse kalten Wasser übergießen und zugedeckt unter gelegentlichem Umrühren 20 Minuten stehen lassen. Ohne Auspressen die Flüssigkeit abgießen und zur Anwendung nur leicht erwärmen. Schleimdrogen sind hitzeempfindlich! Der Aufguss kann als bei Entzündungen im Mund und Rachenraum oder bei entzündetem Zahnfleisch durch Gurgeln Hilfe spenden. Der Tee kann aber auch bei Reizhusten, Heiserkeit oder Magenschleimhautreizung in kleinen Schlucken getrunken werden. Der Schleim legt sich dann wie eine schützende Hülle um die gereizten Schleimhäute.

Leinsamen-Breiumschlag

300 g frisch geschroteter oder gemahlener Leinsamen (reicht für 6–8 Kompressen)

6–8 dünne Kompressentücher oder lange Teefilter

1 Woll- oder Seidentuch

2 Wärmflaschen

1 Teil Leinsamen mit 2 Teilen Wasser zum Kochen bringen und dann den Brei fingerdick auf das Tuch streichen und es zur Kompresse falten. Oder den geschroteten Leinsamen gleich in die Teebeutel einfüllen und diese zugeknotet etwa 10 Minuten in heißes Wasser hängen. Herausnehmen, etwas abkühlen lassen (Wärme prüfen) und auf die betroffene Stelle legen.

Der Umschlag hilft bei Schnupfen, Entzündungen von Stirn- und Kiefernhöhlen, Husten und Bronchitis, Gerstenkorn, oberflächlichen Furunkeln sowie bei Leberthemen. Er kann aber auch auf schmerzende Gicht- oder Rheumastellen oder bei Bauchweh aufgelegt werden.

Einwirkungsdauer: Die Kompressen halten meist 4–5 Minuten warm und sollten dann durch neue warme (die halten wir zwischen den zwei Wärmflaschen warm) ersetzt werden. Insgesamt kann die Behandlung an Stellen am Kopf 20 Minuten durchgeführt werden, an anderen Körperbereichen durchaus eine halbe bis eine ganze Stunde lang. Aber Achtung, Zugluft meiden – Erkältungsgefahr! Wenn die Kompressen mit einem Seiden- oder Wolltuch abgedeckt werden, hält die feuchte Wärmewirkung noch intensiver vor.

Meist tritt als sofortige Wirkung eine Schmerzlinderung bis Schmerzfreiheit auf, der Abfluss des Schleims oder Eiters wird erleichtert. Die Kompressen werden meist als Wohltat empfunden.

Adelheid Lingg

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